Pfarre Wiesmath

Wallfahrtskirche St. Anna

Bild zu Wallfahrtskirche St. Anna Die Annakirche, auf dem Annaberg weithin sichtbar, wurde im spätgotischen Stil nach Entwürfen des Wiener Neustädter Stadtzeugmeisters Sebald Werpacher errichtet.
Sie wurde im Jahr 1509 aus dem Verkaufserlös von nicht sehr ertragreichen Weingärten bei Neckenmarkt erbaut. Das Memorabilienbuch der Pfarre Wiesmath berichtet folgendes darüber:
"Diese von der Pfarrkirche eine starke Viertelstunde entfernte Kirche ist nach Angabe der Jahreszahl auf dem Schwibbogen im Jahre 1509 erbaut worden. Was in dieser Hinsicht ausfindig gemacht werden konnte, wird all hier getreu wörtlich aufgeführt.

Ein summarischer Befund-Extrakt sagt: die Filialkirche ad S. Annam besitzt in Ungarn nächst Neckenmarkt teils geschenkte, teils erkaufte Weingärten, welche aber niemals hinlänglich ertragen, die Baulichkeiten, Mühen und andere Unkosten bestreiten zu können. Die Anna-Kapelle bezahlte dem Pfarrer Besingeld (?) jährlich 10 fr. mehr hat der Pfarrer alldort von Wachs- und Tafelgeld (?) den dritten Teil gehabt, ca. 9 f., jetzt nichts. Die Annakirche hat im Oberkammeramte gemeiner Stadt Wien eingelegtes Kapital per 1500 fr. sufficienter assaniert, wie die Obligation in der hiesigen Kirchenlade weiset."

Im Jahr 1782 wurde die Annakirche auf Grund einer Verordnung Josefs II., dass alle Nebenkirchen verkauft oder gesperrt werden sollten, an Paul Pichler aus Hollenthon verkauft. Im Memorabilienbuch der Pfarre Wiesmath wird auch über dieses Ereignis berichtet:

"Im Jahre 1782 erging die Verordnung, dass alle Nebenkirchen gesperrt, verkauft oder abgetragen werden sollten, unter diesen war auch die Annakirche, welche licitando an den Paul Pichler, Richter in Hollenthon, um 40 fr. verkauft wurde. Dieser hoffte, aus dem Material sein ausgelegtes Geld wieder zurückzubekommen und schickte zu diesem Zweck zwei Tagwerker, welche zum Abreißen den Anfang machen sollten. Sie machten den Anfang mit dem Kirchengewölbe. Allein kaum war die Öffnung so groß, dass ein Mensch durchschlüpfen konnte, so fiel einer von ihnen in die Kirche hinab, obwohl er /: wunderbar genug :/ durch diesen Fall ganz unbeschädigt geblieben ist; so fand sich doch kein Mensch mehr, der zur Fortsetzung dieser Arbeit sich hätte brauchen lassen. Die Kirche wurde nun ganz gesperrt, bis sie endlich durch die Bemühungen des Herrn Pfarrers Mathias Gittler im Jahre 1803 wieder eröffnet wurde.

Die diesmal eingebrachte Bittschrift ist nicht vorhanden, wohl aber die Antwort des hochwürdigen fürstbischöflichen Konsistoriums, welche so lautet:

"Der Herr Pfarrer zu Wiesmath, Mathias Gittler, wird hiemit erinnert, dass er über sein Gesuch, die außer dem Markt Wiesmath liegende Annakirche als eine Filialkirche manchmal auch zur Abhaltung des Gottesdienstes gebrauchen zu dürfen, unterm 7. d.M. erstattete Consistorialbericht folgende Regierungserledigung vom 12 Empfang 23. Februar erhalten habe. Da man es für gut, ja für zuträglich findet, an jenem Ort, wo zwei Kirchen bestehen, die zweite nicht eingehen zu lassen, damit im Falle, als eine unglücklicher Weise abbrennen sollte, zur Abhaltung des Gottesdienstes gebraucht werden könnte. Da ferner die Gemeinde einen Revers, den man hierorts aufbewahrt, ausgestellt hat, diese Kirche auf ihre eigenen Kosten stets in gutem Zustand erhalten zu wollen, auch eine solche seltene Abwechslung des Ortes, wo der Gottesdienst abgehalten werde, ein dienliches Mittel ist, die Processionen nach anderen Kirchen zu verhindern, so nimmt man keinen Anstand, den Kirchenvorstehern und der Gemeinde zu Wiesmath, die gebetene Erlaubnis, diese Kirche zu behalten und manchmal zum Gottesdienst zu gebrauchen gegen dem zu erteilen, dass es bei der von der Gemeinde nach dem eingelegten Revers zu geschehen habenden Erhaltung der Kirche ganz auf eigene Kosten zu verbleiben haben, somit das in der Annakirche eingehende Opfer und Almosen nicht für diese Kirche, sondern für das Armeninstitut zu verwenden sei. Wonach sich der Herr Pfarrer zu benehmen und jeden Missbrauch hieby vorzubeugen hat.

Eppus Nef:
Ex Consistorio Archieppli
Wien, den 23.ten Februar 1803.
J.B. Schätz, Weltpriester Erzb.Cons.Rat u. Kanzleidirektor."

Von 1782 bis 1803 wurde die Annakirche als Schafstall benutzt. Durch die Bemühungen des Pfarrer Mathias Gittler konnte die Kirche im Jahre 1803, nach einer neuerlichen Weihe, wieder eröffnet werden. Die Gemeinde verpflichtete sich, für die Erhaltung der Kirche zu sorgen. Dem ursprünglichen Käufer, Paul Pichler, wurde der Kaufpreis von 40 Gulden rückerstattet.

Die Gottesdienste in der Annakirche waren wohl auf Ostermontag, Pfingstmontag und Annasonntag beschränkt, doch durfte das Messopfer auch an anderen Sonntagen in der Annakirche gefeiert werden, falls der Pfarrer es zum Vorteil des Armeninstitutes für zweckmäßig hielt. Von Georgi bis Johanni wurden aus den benachbarten Gemeinden Wallfahrten durchgeführt, obwohl keine spezielle Wallfahrtserlaubnis gegeben war. Auch darüber kann im Memorabilienbuch der Pfarre Wiesmath gelesen werden:

"Ohne Gefahr einer Verantwortung darf der Seelsorger nicht eine vom Staat nicht placidierte Procession solemniter begleiten, außer bei allgemeinen Bedürfnissen oder vorzüglichen Drangsalen der Pfarrgemeinde. Obschon hier keine eigentliche Wallfahrt erlaubt ist, so pflegen doch die benachbarten Gemeinden den Annaberg in ihren Anliegen zu besuchen, und dort ihre Andacht zu verrichten. Dieses geschieht am häufigsten von Georgi und Joani, in welcher Zeit die sogenannten Samstagfeiern noch in Übung sind, und die Pfarrgemeinde alle Samstage um 3 Uhr Nachmittag mit den übrigen Fremden nach der Annakirche processionaliter wallfahret, da dem hl. Rosenkranz und Anna Lytaney beiwohnt, dann wiederum in die Pfarrkirche zurückkehrt.

I Nota: Einem jeweiligen Pfarrer ist es nicht erlaubt, diese Processionen zu begleiten, es ist ihm aber auch nicht verboten, dass er per modom Ambulationis dahin gehe und dem dort häufig versammelten Volke den Rosenkranz und Lytaney vorbete.

II Nota: Bei der Ankunft in der Pfarrkirche gibt der Pfarrer der Gemeinde den Segen mit dem Ziborium. Am Annatag kommen Processionen aus mehreren Gemeinden, gegen welche man gar keine Rücksicht zu nehmen hat. Wenn der Annatag in der Woche fällt, darf keine Predigt gehalten werden."

Der Partikel der hl. Mutter Anna, welcher sich in der Kirche befindet, wurde an hohen Festtagen zur öffentlichen Andacht ausgesetzt und danach den Wallfahrern zum Küssen gereicht. Wie schon berichtet, durfte der Pfarrer die Prozessionen nicht begleiten, das Vorbeten bei Rosenkranz und Litanei war ihm jedoch erlaubt.

Das auf den Altar gelegte Opfer gehörte dem Pfarrer, mit Ausnahme von Leinwand, Kerzen etc., welche der Kirche zuflossen. Ein Opferstock, dessen Erlös den Armen zukam, wurde in der Annakirche angebracht. Über die geopferten Wachsfiguren verfügte der Pfarrer. Öl, Wachs und Oblaten wurden vom Oberkammeramt zu Wien aus einem Vermögen von 1500 Gulden bestritten. Die Kosten für die Beleuchtung wurden von den Besuchern der Gottesdienste getragen.

Bei der Sperre der Annakirche wurde der Pfarrkirche ein Kapital von 1500 Gulden übertragen, die restlichen Weingärten verkauft und die Einrichtung nach und nach veräußert. Im Jahr 1803 wurden von der Gemeinde jedoch folgende Dinge herbeigeschafft: 3 Glocken, eine Orgel mit 4 Registern, eine Tür samt Schnalle und Schloss, ein Schubladkasten mit 2 Läden und einem Aufsatz, 2 Messbücher, 1 Schemel, ein Stab zum Anzünden, eine Aufstecktafel, die Statue der hl. Anna, 2 versilberte hölzerne Leuchter, ein Kasten (in dem sich eine gekleidete Muttergottes-Statue befindet), 4 neue Kirchenstühle, 2 zinnerne Opferkannen, 2 Messglöckchen, ein Opferstock aus Stein und zwei Kanontafeln. Außerdem noch verschiedene Messkleider, darunter auch solche aus blauer Seide mit goldenen Borten (laut Memorabilienbuch der Pfarre Wiesmath). Bei schlechter Witterung mussten die Leute für die Messe mehr bezahlen als bei Schönwetter. Den Organisten bezahlte der Pfarrer, außer bei Hochzeiten. Von den Leuten erhielt der Pfarrer jährlich einen bestimmten Betrag samt Flachs und Wolle, bei Elementarereignissen erfolgte jedoch keine Abgabe von Naturalien.

Die Pfarrgemeinde bekam im Jahre 1810 von der Repunzierung eine Monstranz und zwei Kelche laut Befreiungsschein Nr. 45. Dafür bezahlte sie 79 Gulden. Der Befreiungsschein ist in der Kirche verwahrt. (Eine kurze Erklärung zum Begriff Repunzierung: Durch die kriegerischen Ereignisse der damaligen Zeiten mussten Maßregeln ergriffen werden, um den Staatshaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Es wurde verfügt, dass nicht nur alle Gold- und Silbergegenstände in den Verkaufswerkstätten versteuert und mit einer Repunze versehen werden müssen, sondern auch die im Privatbesitz befindlichen Gold- und Silberwaren.

Die Durchführung wurde dem am 1. September 1806 neu errichteten Hauptpunzierungsamt in Wien und dessen Filialämtern übertragen. Die Repunze galt als Empfangsbestätigung für die entrichtete Steuer der im Privatbesitz befindlichen Edelmetallgeräte). An Gerätschaften sind vorhanden: eine silberne vergoldete Monstranz ohne Verzierung, ein silbernes vergoldetes Ziborium, ein silberner vergoldeter Kelch samt Patene ohne Verzierung, zwei silberne Kapseln zum Versehen, ein Handkruzifix von antiker Arbeit und ein Ziborium aus Weißmetall mit Innenvergoldung.

Am 28. April des Jahres 1869 kam ein gotischer Altar für die Annakirche an. Er wurde 1870 zum Annatag vollendet. Dieser Altar ist ein schönes Beispiel für die Kunst der Holzschnitzer des Südtiroler Grödnertales.

Am 31. 3 .1945 wurde die Annakirche im Verlauf der Kampfhandlungen zwischen deutschen und russischen Truppen in Brand geschossen und brannte aus. Über den Winter blieb die Annakirche ohne Dach. Im Jahre 1946 wurde das Dach wieder hergestellt und in der Woche nach Allerheiligen vollendet. Am 26. 7. 1947 erfolgte in einer Feldmesse die feierliche Weihe durch Probst Uhl von Wr. Neustadt.

Ab 1950 wurden in der Annakirche Fastenpredigten und Kreuzwegandachten gehalten, die auch reges Interesse finden.

Im Jahr 1953 wurden aus Spenden (S 16 000,--) neue Bänke, Kommuniongitter und ein Kreuzweg angeschafft.

Im Mai 1955 wurde nach den Plänen von Dr. Karl Simon, die von der Landesregierung und vom Bundesdenkmalamt genehmigt worden waren, mit dem Bau des Turmes begonnen. Einige Gräber mussten zu diesem Zweck um mehrere Meter versetzt werden. Im November 1955 wurde der Turm in einer Höhe von 22 Metern vollendet. Die dafür benötigten Geldmittel wurden durch eine Sammlung, deren Erlös S 54 000,-- ergab, beschafft. Auch die Glockenweihe (3 Glocken) wurde vorgenommen. Die Kirche war in neuer Pracht durch Baumeister Lorenz Glatz aus Wiesmath hergestellt worden. Bei der feierlichen Festprozession vom Markt zum Annaberg wurden über 3000 Teilnehmer gezählt.

Im Jahr 1978 wurde die Vorhalle in eine Leichenhalle umgewandelt und ein Kühlraum eingerichtet.

1980 wurde die Annakirche innen und außen renoviert. Dabei wurden zahlreiche Fresken (Rankenwerk, Weihkreuze und ein Teil eines Bischofswappens über dem Eingang zur Sakristei) freigelegt.

Die feierliche Weihe der nach einer Sammlung gekauften Orgel (Sammelergebnis: S 200 000,--) erfolgte am 14. 9. 1980 durch Seine Exzellenz Bischof Florian Kuntner unter großer Anteilnahme der Bevölkerung.

Auch heute noch wird die Annakirche besonders am Annatag (26. Juli) und dem Sonntag danach gerne von Wallfahrern (z.B‚Wiesen, Neckenmarkt, Kobersdorf, Lembach) besucht.

Literaturverzeichnis:

Aufzeichnungen über die Wallfahrtskirche St. Anna von Herrn Dr. Erich Pohl
Memorabilienbuch der Pfarre Wiesmath (Übersetzt von Prof. Lorenz Dienbauer). Wiesmather Heimatbuch – SR Lutz Krahl 1995

Eine Kunsthistorische Beschreibung der Kirche finden sie im Kirchenführer „Kath. Wallfahrtskirche St. Anna“ – erhältlich in der Annakirche oder in der Pfarrkanzlei der Pfarre W

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Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 1 · Annakirche alt (bis 1945) Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 2 · Brandruine 1945 Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 3 · Annakirche mit saniertem Dach 1946
Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 4 · Annakirche 1956 Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 5 · Hochziehen der Glocke 1956 Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 6 · Annakirche aktuell
Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 7 · Altarraum Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 8 · Hochaltar Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 9 · Decke
Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 10 · Mutter Anna Statue Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 11 · Blick von der Orgelempore Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 12 · Blick vom Chor
Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 13 · Wallfahrtskirche St. Anna - Foto 14 · Annakirche beleuchtet  

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